Änderungsschneiderei
Posted by dominique | Datum: 2003

Ich komme gerade von der Schneiderin,
der Änderungsschneiderei, hier, nichtmal hundert Schritte sind's bis zu der Tür mit den tausend Glocken.

Ich traf, beim Abholen meiner
Hosen nicht nur die Schneiderin, die Änderungsschneiderin, wie sie immer dasteht, höflich, still, unsichtbar, in Eile,
ich traf auch eine andere
Asiatin, ihre Schwester wohl, schön, aufgeregt, innerlich bebend, zornig, mit irrendem Blick.

Lächelnd empfing mich die
Schneiderin, behend wie stets, einem ein schlechtes Gewissen verursachend durch ihre unterwürfige Schnelligkeit, nur
war Angst in ihren Augen,
Angst vor der schönen Schwester, die, in gebrochenem Deutsch, beginnt, laut, bestimmt, heftig,
die Schneiderin, welche still lächelt,

zu bezeichnen, zu verurteilen, anzuzeigen, 'chon geschieden', 'schlechte Mensch, sehr schlecht',
'meine Schwesta, schlechte, nix gut', schreit;-
'In Asie, Vater wichtig, Mann wichtig, dann Kind, dann Frau, ganz unten, Frau unten, NIX wichtig!',

vor Vernichtungswillen bebend, stierend, erregt, mich,
der ich meine Hosen haben will, zum Zeugen bestimmend, zur Waffe machend, ich verletze durch Anwesenheit
ihre Schwester, die Schneiderin, die doch meine Hosen
so schnell und schön und lautlos nähte, ich schlage Wunden, quäle, durch den Mund der schönen Schwester,
will weg, stammele "sind aber gut geworden, die Hosen", flüchte, fürchte
um die Schneiderin, die Änderungsschneiderin, der ich doch nicht mehr geben kann als 14 Euro und

Gedanken die sie nicht ahnt.

Wenn mich jemand fragt
Posted by dominique | Datum: 2003

Wenn mich jemand fragt, warum ich Philosophie studiere, so fange ich meist an zu stottern. Bekomme Phrasen in den Kopf, versuche verkrampft, ernsthaft, überlegen, rational zu erläutern, warum ich etwas studiere

von dem ich nicht sagen kann
was es ist.

Von dem ich nicht sagen kann, ob es mich weiter - vorwärts - bringt, bringen kann.

Von dem ich letzteres nicht glaube.

Philosophie ist die Wissenschaft der Enttäuschung. Die der Privation.
Nicht-konstruktiv.

Ich studiere Philosophie weil ich nicht im Nebel leben kann.
Weil mir dieser die Luft zum Atmen nimmt.

Doch nicht Wärme und Geborgenheit oder Wahrheit im Wissen ist es, was die Philosophie an die Stelle des Nebels zu setzen in der Lage ist.

Eine Wahrheit bietet sie.
Eins leistet sie - und nur sie.

Sie vertreibt den Nebel, der in Worten wie Wahrheit liegt.
Sie vernichtet das, was ich glaube.
Sie befreit.

Ohne Sicherheit vor dem zu bieten, was mich erwartet, schält sie mich aus dem Kokon meiner Gewissheiten.

Sie entlässt den Mensch (so er dazu bereit ist) aus dem Nebel seines verwirrten kleinen Gehirns in die kalte Wüste des Erkennens. 
Nicht der Erkenntnis, wohlgemerkt.

Fahrig und nackt entläßt sie dich. 
Sie verneint ohne Polemik, ohne Ideologie, ohne irrationalen Glauben, ohne Zweifel...

...und überläßt dich eben diesem.

Dem Zweifel.

"Und deswegen studierst du Philosophie?"

...

Krasse Zeiten
Posted by dominique | Datum: 2001

Krasse Zeiten
Die meines Lebens meine ich natürlich.
Plural oder Singular? Zeit oder Zeiten?
Kontinuität im Ichsein? Siddhartha's Change?

Ich mag HipHop.

Weil er so schön zerstückelt -=-da rockwilder-=- täuscht er Dich nicht mit sinnlosen Sinnfragen in einer gebrochenen Welt, der man alles andichten kann.

Die sich nicht wehrt, da es sie nicht gibt.

Die Welt ist alles, was der Fall ist.
Ich glaube nicht an die Freiheit, ich glaube
an die Unschärferelation, die Unendlichkeit im Geflecht der komplexen Abläufe.

Der Abläufe? Teleologie?

Der Wechsel. Der Existenzen. Der Wechselwirkungen.

Es liegt Schönheit in der Betrachtung dieser Welt, ihrer Abläufe. Wozu ein Gegenentwurf?

Bist Du wichtig in dieser Welt?

Du bist es...in der Verantwortung für das weitere Betrachten. Im Zulassen des Betrachtens.
Im Offenhalten der Zukunft. Im Nicht-Definieren des Anderen.

In der Schönheit des Staunens liegt die letzte Transzendenz.
Sie wird mit ihrem Schöpfer -=-whateva man-=- verpuffen.

Regenwolke
Posted by dominique | Datum: 2012

tieffeucht hängts
im Himmel
nicht laut, aber konstant
der Regen
durchdringt die Kleider
die Gedanken
an die Nasenspitze, die sich beim Lachen bewegt.

Regengischt weht
unterm Sonnenschirm
Kaffee der kalt und kälter wird
Ziehen in der Brust
beim Betrachten der Nasenspitze, die sich beim Reden bewegt
und von dem Anderen erzählt.

Draussen vor dem Fenster, Regen
drinnen Sehnsucht
nach der Nasenspitze, die unbeweglich blieb
beim Schreiben der Letzten SMS.